18.11.2009 Peter Piek @ Blue Shell, Köln D

Der bis auf den letzten Platz ausgebuchte Tourbus rollt Richtung Köln, nachdem wir in Amsterdam nach einem gemütlichen Frühstück noch durch die Fussgängerzone in der Innenstadt geschlurft sind. Stau- und Gefahrenmeldungen unterbrechen immer häufiger das schlechte Radioprogramm. Von der Blechplatte über den Zementsack bis zum Dixieklo liegt heute alles auf der Autobahn herum und mit entsprechender Verspätung aber immer noch rechtzeitig tauchen wir in Kölns blauer Muschel (Blue Shell) auf. Ebbel, der uns schon letztes Jahr im MTC mit seiner Band unterstützt hat, ist schon in den Startlöchern und Soundcheckbereit, es fehlt nur noch mein Schlagzeug, das ich seinem Schlagzeuger Marius noch so gerne zur Verfügung stelle. Ich habe mich sehr auf diesen Abend gefreut, obwohl Köln ein hartes Pflaster für Bands ist. Überall sind die Deals so schlecht, dass man letztendlich meist drauflegt. Das steht in einem ziemlich direkten Zusammenhang, dass hier sehr viele gute Musiker rumlaufen und das Angebot an guten Bands eigentlich übersättigt ist. Ebbel ist genau so ein Typ, der sehr gut ist (und dazu so was von auf dem Boden geblieben) und die Performance seines Schlagzeugers Marius hat mich letztes Jahr so beeindruckt dass sie mir seither nicht mehr aus dem Hinterkopf gewichen ist. Wenn man so wie ich unterwegs ist, laufen einem immer wieder Vorbilder über den Weg und wenn man sie nach einer gewissen Zeit wieder im gleichen Zusammenhang trifft, ist es spannend herauszufinden, was man aus der Begegnung gelernt hat. Marius spielt sehr groovig und songdienlich mit einer perfekt bemessenen Prise Verspieltheit. Dazu setzt er sich optisch gut in Szene ohne sich in den Vordergrund zu drängen und wertet damit die Bandperformance zusätzlich auf. Der Marius Style, von dem ich mir gerne eine Tranche abschneiden würde. Und abgesehen davon mag ich ihn auch als Person obwohl wir bis heute eigentlich nur wenig mit einander gesprochen haben.
Ebbel macht als einzige Band Soundcheck, als alles auf die Bühne gestellt ist und dann gehen wir zum gleichen preiswerten aber guten Inder essen wie vor einem Jahr, da man hier im Club auch nicht verpflegt wird. Köln halt. Ich spiele jetzt zum zweiten Mal in Köln, doch kommt es mir vor, als hätte ich schon hundert Mal hier gespielt und es läuft immer genau gleich.
Zurück beim Club sind schon paar Leute da allerdings nicht genug, damit wir heute etwas verdienen würden. Mich stresst das nicht. In unserem Tourbudget steht hinter Köln eine Null und ich freue mich trotz den Umständen darüber, heute in einem Club zu spielen, vor dem ich schon Mal vor verschlossenem Tor stand und dachte, hier möchte ich auch irgendwann mal spielen, weil mir der Club einfach gefällt. Da habe ich also schon Schlimmeres über mich ergehen lassen müssen, keine Frage. Ebbel beginnt um 20.15 Uhr sein Set, dass er zugunsten der nach ihm spielenden Bands kurz hält, obwohl die Leute eigentlich mehr von ihm hören möchten. Danach sind wir dran. Ebbel und Co. stellen sich vor der Bühne auf und sind gespannt was da kommt und ich gehe mit einem guten Gefühl auf die Bühne. Was aber in den nächsten 45 Minuten geschieht, ist die gnadenlose Hinrichtung dieses guten Moods. Wir beginnen das Set mit einer kleinen Setlisteumstellung, die schon Mal überhaupt nicht funktioniert. Gut spielen wir aber trotzdem (ich glaube, ich kann langsam aufhören das zu erwähnen, es sei denn es ändert sich). Das Publikum ist ein bewegungstechnischer Betonklumpen und Peter passt das gar nicht. Er versucht dem Publikum was einzureden von wegen nach vorne kommen, worauf es allerdings überhaupt nicht anspricht. Das fuchst ihn ziemlich und sein zunehmend unfreundliches Verhalten unterschreitet dann denn unteren Grenzwert meiner Toleranz. Ich halte einmal aktiv dagegen, in der Hoffnung, die Handbremse an Peters Pöbelmodus zu finden und jemand ruft darauf hin „aber wenigstens ist ein netter Schweizer in der Band“. Da haben wir das Geschenk. Lucka bleibt während der ganzen Show ganz still und er fragt sich wohl das Selbe wie ich während des ganzen Konzerts. Wir gehen ohne Zugabe von der Bühne wobei ich ganz genau weiss, dass eine Zugabe drin gelegen hätte, wäre das Publikum mit mehr Respekt behandelt worden. Ich bin ja auch nicht der Typ, der als Bandleader jedes Idiotenpublikum mit Samthandschuhen behandelt, aber was Peter hier von sich gegeben hat, also nein, dahinter kann ich nicht stehen. Peter kommt nach dem Gig zu mir und erzählt was wie die sind aber scheisse drauf gewesen worauf ich ihm die Worte „du warst so ein Arschloch“ ins Ohr lege. Das ist dann eigentlich auch das einzige, was ich ihm an diesem Tag noch zu sagen habe. Den Rest des Abends rede ich kein Wort mehr mit ihm. Ich gehe frische Luft schnappen und höre wie enttäuschte Konzertbesucherinnen über Peter diskutieren. Ich wage mich wieder rein und werde von der Sängerin von Marius anderer Band in Beschlag genommen und in ein Gespräch verwickelt. Ich bin heilfroh darüber, daran gehindert zu werden, mich in meine Unzufriedenheit hineinzusteigen. Auch Marius, der das ganze Konzert über vor der Bühne stand, wechselt noch ein paar Worte mit mir und meint ich hätte in meinem Spiel gegenüber dem letzten gemeinsamen Konzert einen Zacken zugelegt. Das ehrt mich und ich verschweige ihm nicht, dass er daran nicht unschuldig sei. In diesem Moment ist für mich Köln gelaufen. Gut gelaufen! Ich fasse neuen Mut und bin wieder in der Lage Peter normal zu begegnen, doch die Stimmung ist immer noch angespannt, als wir uns wenig später in einer Kneipe um die Ecke treffen, um gemeinsam zum Pennplatz zu fahren. Das heute Geschehene jetzt noch auszudiskutieren lassen wir sein. Wir sind auf den Felgen und es bleiben uns nur 4 Stunden Schlaf bis wir morgen nach Milano aufbrechen müssen. Wir werden den Bus voll Mitfahrer haben und wann die nächste Gelegenheit, reinen Tisch zu machen ist, steht in den Sternen.

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