Eine Schwerelosigkeit ohne Anfang und Ende
Peter Piek zeigt in der Galerie Heck-Art Öl-Bilder, die mit seinen Songs entstanden sind – Die gibt es bei der Ausstellung über Kopfhörer dazu
Vor Jahren noch wollte er Malerei und Musik trennen – aber dann hat er beides doch zusammengebracht. In der Ausstellung “I paint it on a wall”, die heute Abend in der Galerie Heck-Art eröffnet wird, zeigt Peter Piek seine Öl-Bilder, in denen Wörter seiner Songtexte gemalt sind. Und während sich der Besucher die Bilder anschaut, kann er über Kopfhörer die Lieder hören. Im Zusammenschluss von Malerei und Musik sieht der gebürtige Karl-Marx-Städter aber kein Experiment ohne Inhalt, sondern die Suche nach einer Aussage. Und die findet er in seinem Leben mitunter auf ungewöhnlichen Pfaden.
Peter Piechaczyk, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, hatte einen Studienplatz an der renommierten Kunsthochschule in Leipzig ergattert, um Malerei zu studieren. Aber der heute 29-Jährige schmiss hin. “Es klingt zwar hart, aber ich habe das dort als Zeitverschwendung empfunden”, sagt er. Ein zu geringer Austausch mit den Lehrern, die den Studenten nicht auf Augenhöhe begegneten – “aber Kunst muss auf Augenhöhe diskutiert werden” -, zu geringer Freiraum, all das kritisiert er, und nicht zuletzt auch “den Hype um die Leipziger Schule”, eine übertriebene Ehrfurcht also vor Einrichtung, Lehrern, Absolventen.
Stattdessen tat er sich mit Michael Goller, Jahrgang 1974, in der Künstlerinitiative “Malfront” zusammen, um zu zweit an der Arbeit des jeweils anderen zu lernen. Parallel dazu textete und komponierte Piek seine Musik, die oft als Indie Pop beschrieben werde, die er selbst aber nicht festlegen will. Dabei spielt er Gitarre, Klavier, Bass und Schlagzeug, geht auf Tourneen durch Musikklubs auch in den USA, wie er erzählt, teils allein, teils mit Band. In den Texten gehe es um Liebe, Gemütszustände, Stimmungen. Das Album, auf dessen Lieder er sich in der Ausstellung bezieht, erschien Anfang Juni, gleich lautend wie die Schau “I paint it on a wall”.
Musik und Malerei, sagt Piek und vergleicht, seien sich sehr ähnlich, außer bei der zeitlichen Komponente. “Bei einem Lied braucht man einige Minuten, um es in seiner Gesamtheit zu erfassen, bei einem Bild kann das sofort passieren. Malerei hat in diesem Sinn keine zeitliche Dimension, damit keinen Anfang und kein Ende, keine Richtung. Deshalb habe ich gedacht, dass auch meine Musik-Bilder in allen Richtungen funktionieren müssen”, sagt er, geht zu einem Bild, das an der Wand hängt, und dreht es um ein Viertel.
”Ich sehe in den Bildern damit auch eine Schwerelosigkeit, die keinen Bezug mehr zu oben oder unten, rechts oder links hat.” Einzelne Wörter kann man in den Bildern aus unterschiedlichen Blickwinkeln lesen, bunt und teils fingerdick auf die Leinwand gebracht, zwischen Flächen, Strichen und Figuren. Man kann den Kopf drehen und wenden und versuchen, sich einen Reim darauf zu machen. “Wörter interessieren mich”, sagt er. Und auf einer Leinwand riefen sie eben zusätzliche Assoziationen hervor.
Malerei und Musik können zusammengehen, ihre Grenzen hinter sich lassen, sagt Piek. “Das kann man auch auf andere Bereiche beziehen. Es können überall Grenzen gesprengt werden, auch politisch gesehen.” Das ist seine Aussage, die er gefunden hat. Denn eigentlich sei er ein politischer Mensch, auch wenn er der Politik in seinen Bildern nicht vordergründig Raum geben will. Aber schon mit der einstigen Künstlergruppe “Querschlag” hatte er bei einer Ausstellung vor Jahren in einem Chemnitzer Kreditinstitut mit Symbolen unter anderem zu Sex und Kapitalismus derart für Wirbel gesorgt, dass die Bilder abgehängt und später im Heck-Art gezeigt wurden.
Von Katharina Leuoth
Freie Presse, am 01.07.2010