Michael Goller: “Im Juli gemaltes Bild” 6.6.-11.7.2009
GAM Obrist Gingold Galerie, Essen/Germany
Man kann ihnen Zeit lassen, ihnen vertrauen und sicher sein: Sie werden was! Dies verrät ein Blick in die Skizzenbücher des Chemnitzer Künstlers Michael Goller.
Eine Schatztruhe voller Ideen tut sich hier auf, Zeichnungen, Skizzen, Farbanweisungen, ein Gedankenfeld, das spontan entstanden ist. Das reift, wächst, und akribisch bestellt wird, indem der Künstler es durchdenkt, ordnet und verwirft, mit Gelassenheit und Geduld, bis irgendwann das fertige Bild entsteht. Viel Zeit braucht es dafür, obwohl die Arbeiten spontan wirken in der heftigen Geste des Farbauftrags und den expressiven Bild- und Schriftzeichen, die sich wie ein schwer lesbares Alphabet über die Fläche ziehen.
“Im Juli gemaltes Bild” heißt die Ausstellung, ein Titel, der die Entstehung der Bilder augenzwinkernd kommentiert, denn der Künstler gibt ihnen genau “die Zeit, die sei zum Entstehen brauchen.” Im sächsischen Mittweida hat Goller Medienwissenschaften studiert, gezeichnet und Bilder am Computer geklont, “bis die Malerei siegte”. Weil sie die “Vielfalt visueller Frequenzen” in all ihren feinen Überlagerungen am besten wiedergibt. Und weil in diesem Medium die Zeit gerinnt.
Was beinhalten diese farbgesättigten Bilder in ihrer spontan anmutenden Geste genau? Eine Landschaft, zwei Schachspieler, Stadtansichten oder das Panorama von Prag sind in ihnen verborgen als unterste Schicht, als figuratives Liniengefüge. Darüber Farbe, eine abstrahierte Schrifttypologie, ebenso assoziativ wie bewusst gesetzt. “Autistisches Experiment” oder Textzeilen von Kafka kann man gerade erkennen, Häuser, einen Damenfuß, dann Leerstellen: nicht etwa leer gelassen, sondern leer gemalt und manchmal posthum mit Bedeutung versehen. Eine malerische Auseinandersetzung kristallisiert sich heraus, langsam, tastend, wie die Sprache beim allmählichen Verfertigen der Gedanken.
Bis 11.7. Galerie Obrist (GAM), Kahrstr.59, di-fr, 12.00-19.00, sa 10-18 Uhr
Autorin: Christiane Dressler
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