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Nov 09

27.11.2009 Peter Piek @ Hog Bar, Rock Bar, Golling AT

Es ist eine Schande. Wir erreichen Golling um 18.30 Uhr mit grosser Vorfreude und als erstes müssen wir unsere Unterschrift dafür geben, dass der Club eine Chance hat, überhaupt weiter zu existieren. Eine Nachbarin, Frau H, hat wohl in ihrer Jugend was versäumt und muss jetzt politisch gegen einen Club vorgehen, der weit und breit einer von den wenigen ist, die alles richtig machen. Ich spiele hier zum dritten Mal und weitere Gigs mit anderen von meinen Bands sind schon gebucht. Meinen Tagebucheinträgen ist zu entnehmen, dass die Hog Bar in Golling, so weit es auch von zu Hause weg ist, immer wieder Balsam für die Seele ist, gerade in harten Zeiten für unbekannte Bands. Der Deal ist hier voll in Ordnung. Die Bands kriegen den Eintritt, der Club die Bareinnahmen. Die Location befindet sich abseits vom Mainstreamtrubel in den Salzburger Voralpen aber man hat ein Publikum, das gerockt werden will. Die Getränkebons würden bei geschicktem Einsatz reichen, um sich die Lampe ordentlich zu füllen, da sie nur für alkoholische Getränke gelten, Softdrinks sind für uns unbeschränkt gratis, wir kriegen ein leckeres Nachtessen und ein Landgasthofzimmer zum Übernachten. Abgesehen davon zählen Andi und sein Bruder, die die Bar führen zu den sympathischsten Cluboberhäuptern, die ich je gesehen habe und haben einen guten Musikgeschmack dazu. In der Hog Bar besteht die Hälfte des Publikums auch aus Musikern der Gegend, was zur Förderung der Netzwerke unter Musikern über die Landesgrenzen heraus führt. Kulturförderung pur, ohne dem Staat einen Cent abzuzwacken. Aber nein, nach jahrelangem erfolgreichem Betrieb muss nun Frau H. aus G. dumm rüsseln und bei der Behörde gegen die Hog Bar weibeln. Der Landgasthofbetrieb war zwar eigentlich eher da als die Hütte von Frau H. aber reiten wir jetzt mal nicht auf Details herum. Offensichtlich liegt Andi und Co. der Peter Piek Gig stark am Herzen, denn Leute, die ans Konzert kommen, die mir übrigens am Parties Break Hearts Konzert diesen Frühling geflüstert haben, sie hätten leider letztes Jahr Peter Piek verpasst, sagen mir, das sei unter den aktuellen Umständen die Ausnahme schlechthin, dass das Konzert nicht abgeblasen wurde. Der ganze Trubel um die Nachbarschaftsklage wird allerdings von Andi nicht gross zum Drama heraufgespielt. Während des Soundchecks, bei dem wir die Supportband aus Linz kennen lernen, deren Torbus wir auf der Autobahn etliche Male überholt haben, wird überhaupt keine Panik wegen Lautstärkeproblemen gemacht. Man weiss schliesslich hier, dass Rockmusik bei unter 100 dB nicht funktioniert, was dem „Mischer“ von gestern im Carina beispielsweise nicht bekannt ist, Vollpfosten. Andi hat vorsorglich die Fenster in den 1 Meter dicken Mauern des Clubs zugemauert und macht schon mal ausserhalb des Clubs Lärmmessungen, während des Soundchecks, um sicher zu gehen, dass das Problem der Nachbarin H. sicher nicht bei der Lärmbelästigung liegt. 45 dB, als keine Band spielt, aber ein Auto anbraust. 43 dB, als wir volle Kanne kloppen und ein Wind weht, 44 dB das rauschen des Bachs. Selbe Situation der Lärmemission während des Konzertbetriebs. Ich könnte kotzen. Hoffentlich brennt das Haus von Frau H. bald ab, weil sie, vergessen das Hörgerät einzuschalten, den laufen gelassenen Gasherd nicht bemerkt hat. So, genug über stieres Pack gelästert. Zum Konzert gibt es nur folgendes zu sagen: Die Vorband war besser als jede Vorband hier zuvor, obwohl ich finde, der Leadsänger gehöre in die Mitte und nicht in den Schatten links aussen und der Schlagzeuger dürfte auch mal schlagen und nicht irgendwas rumjazzen, wenn er in einer Rockband sitzt. Die Band erntet Zugaberufe, nützt die Situation aber nicht aus und wir rocken dann voll vors Fressbrett. Aber wirklich voll. So voll wie glaub ich eigentlich noch nie vorher auf dieser Tour. Der gut besuchte Laden ist bestens in Stimmung und wir auch. Im zweiten Song verirren wir uns zwar ein wenig, weil die Nebelmaschine, die eigentlich für Open Airs konzipiert ist, einfach alles einlullt und wir nicht mal mehr unsere Instrumente sehen können. Unsere Performance sprudelt nur so vor Energie und wir werden am Schluss auch nicht mehr von der Bühne gelassen. Irgendwann ist unser Repertoire dann aber vollends ausgeschöpft und wir ergeben uns der Golling Party. Eine Viatnamesentussi (das soll jetzt nicht irgendwie rassendiskriminierend rüberkommen, aber sie ist wirklich eine Tussi, ich kenne kein anderes Wort dafür, sorry) führt mir ihre Digicam vor, mit der sie ihren „Freund“ während unserem Konzert Fotos von mir und ihr machen liess. Zu erst hat sie mir mit ihrer Ich-strecke-meinen-Po-dem-Schlagzeuger-entgegen-Pose  die so HiHat weggedrückt, dass ich sie bei Peter Pieks 2nd Dream nicht mehr traf, dann sass sie mir zwischen zwei Songs plötzlich halb auf dem Schoss um sicher zu gehen, dass sie mit mir abgelichtet wird. Und ich dachte, während eines Konzerts Rosen vom Kavalier angedreht zu bekommen sei die Krönung der bizarren Situationen dieser Tour. Nach unserem Abgang entert Andi stolz die Bühne und verkündet stolz den Gewinner des Dezibelwettbewerbs. Peter Piek siegt mit 106 dB, gemessen im Club, draussen war es permanent unter 45 dB still, ausser es bellte ein Hund. Da könnte ich auch nicht schlafen.

Viel später am Abend philosophiere ich noch mit Andi über die Moral von Rockclubs und lasse mich über Frau H. ohne Scham aus, während meine Bandmates mit irgendwelchen mehr oder weniger musikalischen Konzertbesucherinnen versuchen, den ohnehin schon gelungen Abend aufzuwerten. Es muss 4 Uhr werden, damit ich alle Getränkebons versoffen habe (halt nicht so effizient).