Peter Piek Tourblog / Berlin I / von Christian Schönholzer

Peter Piek

Peter Piek

Peter Piek Deutschland Tour Oktober 2009 Teil 2: Berlin Berlin
07.10.09 Schokoladen Berlin

Ich freue mich immer, wenn ich nach Berlin komme, aus welchem Grund auch immer. Heute spielen wir im Schokoladen, von dem ich von allen Seiten nur das Beste hörte: In-Laden, immer voll, schönes Interieur, was will man mehr? Wir sind heute die dritte Band von drei Programmpunkten.

Das ist eigentlich gut, hat hier aber den Nachteil, dass um Mitternacht das Konzert beendet sein muss und wenn die die erste Band den ersten Ton herauszögert, wird unsere Show um das kürzer. Das stört allerdings nicht mehr so fest wie damals, als wir noch in der Schülerband waren und um jeden Preis immer das ganze Pulver verschiessen wollten. Unser Set ist jetzt nach zwei Tagen proben so sattelfest, dass es in voller Länge funktioniert. Sollten wir die Zeit oder das Publikum für ein volles Rohr nicht zur Verfügung haben, wissen wir genau, welche Songs wir streichen können und sollte sich das Blatt im Verlauf des Konzertes aus irgendwelchen Gründen wieder wenden, haben wir uns eine Reserveschublade gezimmert. Nach dem Soundcheck verziehe ich mich mit Stephan zu Kaffee und Hot Spot in ein ruhiges Lokal um einige Botschaften im Internet abzusetzen, Beispielsweise meinen letzten Tagebucheintrag und vor dem Konzert etwas Ruhe zu tanken. Der einzige Komfortnachteil am kleinen. liebevoll und gemütlich eingerichteten Schokoladen ist, dass man uns keinen Backstageraum gibt. Warum wir nicht das Zimmer nutzen dürfen, in dem wir nach dem Konzert schlafen werden, frage ich mich jetzt noch nicht, da ich von diesem Zimmer erst nach dem Konzert Wind kriegen werde…Tourmanager…wann haben wir endlich einen Tourmanager???
Pünktlich zu Konzertbeginn der ersten Band sind wir wieder zurück im Schokoladen, der im Erdgeschoss einer ehemals Besetzten Hütte ist. Das Haus steht in einem ganz netten Viertel, in dem alle Frauen mit Kinderwagen herumstolzieren, in Berlin Mitte und hätte auf den ersten Blick als einziges der Reihe mal einen Anstrich nötig. Aber bitte lasst das lieber, liebe Berliner! Denn würdet ihr das Haus anstreichen, würde das heissen, dass es verkauft und geräumt worden ist. Dann wäre meine und die Welt sehr vieler anderer um einen Ort der Kultur ärmer. Wie ich dem Zeitungsartikel im Schaufenster entnehme, droht leider genau dieses Schicksal. Ich sehe, wie schnell sich der Laden mit 7 Euro Zahlern füllt und das lässt dann doch ein Licht am Horizont aufflackern, dass ich da in Zukunft noch einmal hingehen könnte, was immer mich wieder hier her führen wird.
Stephan und ich machen es uns auf Kinosesseln im hinteren Teil der Bude gemütlich und sind ziemlich bald in ein Gespräch verwickelt, dass erst endet, als wir auf die Bühne können. Ich denke, dass würde nicht so laufen, wenn hier irgendwie Unbehagen im Spiel wäre. Ganz wahrnehmungslos bin ich diese 2 Stunden aber nicht. Es gibt hier Leute die ich nicht kenne und noch nie gesehen habe, die auch die Ganze Zeit da hinten bei den Kinosesseln sitzen und sich dann, als die Bühne endlich uns gehört in den Zuschauerraum drängeln. Ja ich habe drängeln geschrieben, weil man anders im Moment die Bühne nicht sehen kann. Das Konzert rockt dann etwa so, wie es rollt, wenn man hinten im Rolls Royce sitzend durch eine Metropole kutschiert wird, kein Verkehr existiert und alle Ampeln auf grün sind. Tanzende Leute, strahlende Gesichter, entzückte Musikerpolizei und, mit reinem Gewissen gesagt; eine saustarke Band auf der Bühne. Wir machen aus der halben Stunde, die uns bleibt, die schönste halbe Stunde unsers Tages und offensichtlich auch den Höhepunkt des Tages des Publikums. Schön wenn sich die Lebensgeschichten von ca. 50 Menschen in einem derartigen Moment auf diese Weise überschneiden. Zugabe können wir allerdings keine geben, weil die Zeit um ist und man hier wahrscheinlich wegen der angespannten Situation in der Nachbarschaft grossen Wert auf die Einhaltung der Nachtruhe legt. Jemand kommt nach dem Konzert und fragt, ob er die Setliste haben darf. Er liest sie, und zeigt auf den Song, der ihm am Besten gefallen hat. Seine Aussage deckt sich zum Glück mit unseren Hitprognosen. Andere Leute waren da, weil sie uns am Sonntag am Radio gehört haben. So ist es also, wenn Bäume Früchte tragen.
Eine Viertelstunde nach dem letzten Ton ist mein Drumset wieder in Sack und Pack und ich hänge tatenlos im Raum herum und weiss kaum wohin mit mir. Noch mal vor die Tür, um nach dem Wagen zu sehen, der ein paar Blocks weiter vorne steht und wieder herumstehen. Es gäbe ja schon Möglichkeiten, sich zu unterhalten aber ich bin nicht der Typ, der nach einem Konzert gerne mit dem Publikum labert, es sei denn, da sind Freunde von mir, die nicht irgend etwas in mir sehen, das ich nicht bin. Endlich zeigt uns jemand das Zimmer mit den Betten. Wir räumen die Instrumente an einen sicheren Ort und legen uns aufs Ohr. Ausser Stephan. Er hat eben Freunde hier und kommt deswegen erst zur Ruhe, als die Sonne aufgeht.

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